Einfach mehr Zeit haben!
Nutzt Du Dein Smartphone oder nutzt es Dich?
"Jochen", bekannt aus dem Buch Faszination Selbstverwirklichung, möchte von 1 1/2 Stunden Smartphonenutzung pro Tag auf eine 1 Stunde reduzieren, um mehr Zeit für Sport und Meditation zu haben und das sinnlose Surfen im Netz einzudämmen. Wenn er seinen Plan umsetzt, würde er pro Jahr 182,5 Stunden Zeit gewinnen!
Zu Hause, auf den Straßen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Büros, in Geschäften, in Restaurants usw. Überall sieht man Menschen mit Smartphones in den Händen.
Irgendetwas kann immer nachgeschaut werden, und wenn sich nichts findet, kann man sich auch passiv mit irgendwelchen Informationen, bestehend aus Profilbildern, Statusmeldungen und Wetter-App, versorgen lassen. Doch was ist der Grund dafür?
Ich glaube, wir haben großen Durst. Und zwar nach schnellen Informationen. Vor allem aber nach schnell verfügbaren Emotionen und Reizen, die uns die kleinen bewegten Bildchen, Emojis und Töne bescheren. Diese kleinen Glücksgefühle gibt es jedoch nicht umsonst.
Auf Dauer machen sie uns nervös und verlangen nach mehr. Wie ein Raucher zur Zigarette greifen viele von uns automatisch zum Smartphone und blättern die Kontakte nach neuen Profilfotos durch, schauen Bilder und Videos an, leiten diese weiter und betrachten die neuesten Beiträge in den sozialen Netzwerken. Häufig geschieht dies nebenher und nicht wirklich zielgerichtet. Aus meiner Sicht könnte man davon den Großteil einfach weglassen, ohne Nachteile zu haben. Es handelt sich oftmals um eine Berieselung mit seichten Inhalten, anstatt nach einer gezielten Suche nach wichtigen Informationen. Da die Kommunikation heute schnell und kostengünstig erfolgt, provoziert dies eine Zunahme an Quantität, während die Qualität der Informationen abnimmt. "Schweigen ist Silber und reden ist Gold!" Ein oftmals sinnloses Kommunikationsrauschen, dessen einziger Sinn die Aufrechterhaltung dieses Rauschens ist.
Forschungen bestätigen die Überlastung mit Informationen durch neue Kommunikationsmedien wie dem Smartphone:
Wissenschaftler der Universität Bonn untersuchten das Verhalten von 60.000 Smartphonenutzern (vgl. Köllen 2015). Erwachsene kamen dabei auf satte 2 ½ Stunden, Jugendliche sogar auf 3 Stunden Nutzung am Tag! Dabei griffen die Jugendlichen im Schnitt knapp 90 Mal zum Gerät. Der Studienleiter bewertet die Studienergebnisse folgendermaßen: „Unser Handykonsum wirkt sich bereits jetzt negativ auf unsere geistige Leistungsfähigkeit und unser Gehirn aus, macht uns unglücklich und unproduktiv.“ (Markowetz, zit. n. Köllen 2015). Er konstatiert eine Überlastung durch die ständige Informations- und Kommunikationsflut. Was kann getan werden? Der Studienleiter empfiehlt mehr Ruhephasen und eine gezielte Reduktion der Handynutzung.
Bereits im Jahr 2002 stellten Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg anhand einer Befragung von 195 Probanden eine Informationsüberlastung durch Internet und E-Mails fest (vgl. o. A. 2002). Rund 10 % schilderten eine Überflutung mit Informationen, weitere rund 10 % sprachen von einer psychosomatischen Belastung durch die gängige Mediennutzung am Arbeitsplatz.
Bitte nicht falsch verstehen! Smartphones und Internet haben ohne Zweifel große Vorteile. Noch nie konnten wir in dieser enormen Geschwindigkeit ortsunabhängig auf so viele Informationen zugreifen. Zudem können internetbasierte soziale Netzwerke helfen, Kontakte zu knüpfen, positive gesellschaftliche Entwicklungen vorantreiben und Missstände aufzeigen. Die Vorteile neuer Technologien sollten weiter genutzt und vorangetrieben werden.
Auf der anderen Seite können diese jedoch auch zur Belastung werden. "Aktiv" auf relevante Informationen zugreifen anstatt sinnlose Berieselung, lautet die Devise. Zur Regeneration und für den Prozess der Persönlichkeitsentwicklung ist es wichtig, ungestört Zeit mit sich selbst zu verbringen. Dies kann dazu dienen, sich selbst besser kennenzulernen und abseits des Informationsrauschens eine Art Psychohygiene zu betreiben, die Akkus wieder aufzuladen und auf "Reset" zu drücken. Ständiger Input blockiert diese wichtige Funktion. Es lohnt sich also, sich zeitweise vom Informationsrauschen abzukoppeln und einen "Informationsfilter" zu installieren.
Vielleicht hast Du bisher „nie die Zeit gefunden", um deine Ziele zu verfolgen?
Findest Du einfach keine Zeit, Sport zu machen, auszuspannen oder ein kleines Projekt zu starten?
Jetzt weißt Du, was du tun kannst, um etwas mehr Zeit zu gewinnen. Bei "Jochen" hat es sich gelohnt. Er hat die jährlich zusätzlichen 182,5 Stunden wirklich sinnvoll genutzt.
Übungsteil:
Nutze die neuen Techniken zielgerichtet und zeitsparend.
Mögliches Ziel: Von 21:00 Uhr - 07:00 Uhr kann im Smartphone die Sperre für soziale Netzwerke eingerichtet werden. Wenn es sehr wichtig ist, müssen die Freunde eben anrufen. Das Handy könnte in diesem Zeitraum zusätzlich in ein anderes Zimmer gelegt werden ("Aus den Augen aus dem Sinn!"). Beim Essen wird nicht am Smartphone rum getippt.
Zusätzlich können sich die folgenden Fragen lohnen:
- Welche Informationen führe ich mir täglich zu?
- Wie viel Zeit wird dafür pro Tag in Anspruch genommen?
- Was bezwecke ich damit und welches Ziel verfolgt der Sender der
Information?
- Erhöht sich durch diese Informationen die Qualität meiner
Entscheidungen?
- Erreiche ich meine Ziele dadurch besser oder schlechter?
- Warum greife ich jetzt zum Smartphone?
- Suche ich aktiv nach Informationen, zum Beispiel für Arbeit und Studium oder lasse ich mich passiv berieseln?
- Wie kann ich ab heute die neuen Techniken Gewinn bringender nutzen?
Text: ©David R. Hielscher 2021,2022.
Literatur:
Jennifer Köllen. 2015. Digitale Abstinenz. „Zu viel Smartphone macht unglücklich“.
https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/digitaler-burnout-zu-viel-smartphone-macht-ungluecklich-a-1056361.html (Stand: 16.02.2021)
Ohne Angabe. 2002. Steigende Informationsflut am Arbeitsplatz. Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken. WIM Archiv. https://www.ihk-nuernberg.de/de/IHK-Magazin-WiM/WiM-Archiv/WIM-Daten/2002-06/Berichte-und-Analysen/Steigende-Informationsflut-am-Arbeitsplatz.jsp (Stand: 16.02.2021).